Wie schreibt man eigentlich für echte Helden? Ich unterstütze seit einiger Zeit das Team des Pen-and-Paper-Regelwerkes How to be a Hero und durfte in dieser Woche mit Fans und Autoren einen kleinen Kreatives-Schreiben-Workshop machen. Dabei wurde eins sehr schnell klar: Egal ob man ganze Geschichten oder Geschichtengerüste schreibt, die Grundtechnik ist immer gleich.
Moment, moment. Was ist ein Pen and Paper? Was ist ein How-to-be-a-Hero-Regelwerk? Was hat das mit Texten zu tun? Und warum Helden?
Also von vorn. Ein Pen and Paper ist ein Spiel, das nur mit Stift, Papier und Würfeln gespielt wird. Man erlebt gemeinsam ein Abenteuer, eine Geschichte, deren Eckpunkte sich ein Autor ausgedacht und durch das ein Meister leitet. Die Spieler denken sich Charaktere oder eben Helden aus, die gut in das Setting des Abenteuers passen. Sie erhalten eine Aufgabe. Manchmal ist das ganz offensichtlich – ein Verbrechen, das aufgeklärt werden muss, ein Rätsel, das es zu lösen gilt oder ähnliches –, manchmal müssen die Spieler erst herausfinden, worum es geht. Doch in jedem Fall werden sie ein Abenteuer erleben, dessen Verlauf ihre Helden durch ihre eigenen Entscheidungen mitgestalten und von dem auch der Meister nicht weiß, wie es aussehen wird.
Ich finde diese Art des Erzählens spannend. Anders als bei einem Roman, bei dem der Autor seine Leser anleitet, entscheidet, wann sie welche Informationen erhalten, muss der Meister eines Pen and Papers die Zügel lockerer halten und seinen Helden erlauben, zum Leben zu erwachen. Sie entscheiden, welche Plätze sie besuchen, mit wem sie reden, welche Fragen sie stellen. Es liegt an ihnen, ob sie andere anlügen, überzeugen wollen, ob sie gesetzeswidrig oder -treu handeln. Gut, ein wenig Glück ist auch dabei, denn jeder Charakter hat sein Set an Fähigkeiten mit bestimmten Fähigkeitswerten, auf die gewürfelt wird. Wer wissen möchte, wie genau das funktioniert, dem seien die Pen-and-Paper-Abende von funk, Pegaus Spiele oder den Rocket Beans ans Herz gelegt.
Trotzdem braucht es eine eine klare Struktur, was die Spieler im Abenteuer erwartet. Der Autor einer solchen Geschichte muss also nicht nur einen Erzählstrang erdenken, er muss mehrere Eventualitäten einbauen, wie seine Charaktere agiern könnten und was die Konsequenzen sind. Er muss Figuren erschaffen, auf die seine Charaktere treffen können, wohl wissend, dass einige davon vielleicht nie entdeckt werden. Er muss kalkulieren, wie er seine Spieler von ihnen unbemerkt dorthin führt, wo er sie hinhaben möchte, damit die Geschichte funktioniert. Und er darf sich in seinem eigenen Netz aus roten Fäden nicht verheddern.
Training für die Kreativität
Diese Spielart ist auch herrlich, um existierende Geschichten zu nehmen und zu erkunden, was passiert wäre, wenn der Leser hätte eingreifen und den Fokus auf ganz andere Aspekte hätte lenken können. Wie wäre sein Leben an der Zauberschule verlaufen, wenn Harry sich im ersten Jahr im Hogwarts-Express nicht neben Ron und Hermine gesetzt hätte? Wie erlebt ein Ent seinen Alltag, wenn er nicht gerade auf kleine Hobbits trifft? Und was wäre, wenn Darth Vader der gute wäre?
Genauso, wie Autoren der tollen Bücher, die wir so lieben, ihren Stoff aus solchen Fragen stellen, machen das auch die Erschaffer dieser Spielwelten. Nur, dass sie die Antworten nicht selbst geben, sondern im Spiel entstehen lassen. Sie schreiben nicht für Leser, sie schreiben für Helden.
Ein schönes Training für die Kreativität. Und eine gute Idee für die Weihnachtstage, in denen man genügend Zeit hat. Warum nicht mal ein Abenteuer mit den lieben Verwandten erkunden? So sie den Mut haben, sich auf eines einzulassen.