Ostern steht vor der Tür, das Lieblingsfest der Wortfinderei, denn wo viel gesucht wird, wird auch so mancher Schatz gefunden. Und das Osterfest hält neben der Eierfinderei so manchen sprachlichen Schatz parat.
Ostern ist ein christliches Fest. Das wissen wir. Es erinnert an die Kreuzigung und Auferstehung Christi, und obwohl ich keinem Glauben meinen Glauben schenke, finde ich diese Geschichte in der Bibel sehr interessant. Sie gehört zu den Metaphern, die immer wieder erzählt werden sollten. Da wird ein Mensch vernichtet, gekreuzigt, weil die Herrschenden ihn als anders ablehnen. Ich will jetzt gar nicht davon anfangen, wie traurig es ist, dass wir auch heute noch ignorieren, was wir aus dieser Geschichte für unseren Umgang miteinander lernen sollten. Denn wir haben nichts gelernt. Heute ignorieren wir die Kinder, die auf die Straße gehen und uns vorwerfen, dass wir ihre Zukunft zerstören. Sie haben recht. Wir ignorieren die Millionen Flüchtlinge weltweit, die unsere Form des Handels und der Ressourcennutzung aus ihren Heimaten vertreibt. Wir ignorieren, das kein Mensch sich anmaßen sollte, sich über andere zu erheben, und jedes Leben gleichwertig sein sollte. Klar, es hat sich viel getan in den vergangenen Jahrzehnten, wir sind einen großen Schritt gegangen. Aber es liegt auch noch ein wirklich langer Weg vor uns.
Ein neuer Morgen
Interessant, dass die Worte, die in Sprachen wie dem Finnischen, Französischen oder Italienischen für dieses Fest verwendet werden – pääsiäinen, Pâques undPasqua – Ableitungen des hebräischen Pessach die Verbindung zwischen Tod und Auferstehung Jesu und dem Auszug der Isrealiten aus der Sklaverei herstellt. Im Slavischen wird das Fest mit Begriffen benannt, die übersetzt für „die große Nacht“ stehen. Ein Hinweis auf die geistige Umnachtung, aus der wir Menschen erwachen müssen? Da macht mir der Name aus dem sorbischen – Jatšy weist auf „den Morgen“ hin – besser. Es vermittelt so eine schöne Aufbruchsstimmung.
Doch Ostern ist viel mehr als diese Geschichte. Das Fest ist ein Bild für den Neubeginn des Jahres. Die Natur erwacht aus ihrem Winterschlaf. Wir auch. Ich bin ein Frühlingsmensch. Ich liebe es, die ersten Sonnenstrahlen einzufangen, den Balkon und Garten mit Pflanzen zu bestücken, Im Wald spazieren zu gehen und die Knospen, frischen Blätter und Blüten zu fotografieren. Die Eier, die Lämmer, die Kücken, die Hasen, all das sind Bilder für genau diesen Neubeginn. Wir Menschen sind ziemlich gut darin, Bilder für ein Gefühl zu finden und uns symbolische Handlungen, Rituale zu überlegen, die uns dieses Gefühl vermitteln und immer wieder erleben lassen. Wir brauchen das, um mit der Schnelligkeit unseres Alltags klarzukommen. Rituale, und wenn es nur ganz kleine sind, bieten unserem Kopf Ruhepausen, Ankerpunkte.